TAG 3

Keine Aktionen vorm Frühstück! Ausschlafen bis 7.00 Uhr! Meeting im „Team7“ – dem Rauchercamp. Danach Einweisung in die Ergo-Räume. Man zeigt uns die Bastelwerkstätten, die Sporträume, die Diätküche. Als wir den Schwimmraum durch die getrennt geschlechtlichen Umkleideräume betreten zähle ich 5 Männer und 25 Frauen. Sind Männer robuster? Oder werden sie früher sterben, weil sie so ungern zum Arzt gehen, und schon gar nicht wegen einem Macke? Gestern erzählte mir ein Raucher vom Team 7, dass ein Großteil der Patienten Polizist oder Kripobeamter sei und von einer SEK-Beamtin, die im Einsatz seinen besten Freund verlor, und die nach drei Verlängerungen bereits 11 Wochen hier sei. Ich schickte ein Stoßgebet zum Psychosomatikerhimmel „Bitte, bitte, lass mich therapierbar sein!!“
Den Männern geht schnell der Gesprächsstoff aus, und sie scheinen nicht zu wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Einige von ihnen sitzen stumm im „Gemeinschaftsraum“, der ein Flur ist. Wenn ein Fernseher läuft, kann man sicher sein, dass ein heterosexueller Mann davor sitzt. Außer, wenn „Bianca“ läuft. Die Männer lachen im Gegensatz zu den Frauen nicht. Selbst die Frauen, die wegen Depressionen hier sind, hört man ein paar Mal täglich lachen. Wir, vom Hotel zur lockeren Schraube (so nennt man uns in der Stadt), haben Galgenhumor. Wir haben uns aber auch nicht umsonst auf den Nesselberg gesetzt.

Weil der Tag sich nicht entscheiden kann, ob er warm und hell oder kalt und grau werden soll, muss ich meinen Plan aufgeben, mit dem Schlauchboot auf den See zu gehen. Ich entscheide mich für den öffentlichen Strand. Die erste Stunde bin ich sehr unsicher – es sind noch keine Menschenmassen da, aber trotzdem fühle ich mich bedrängt, beengt, beobachtet. Wenn ich nicht gerade in der Badehose hier liegen würde, könnte es die Berliner U-Bahn sein. Irgendwann lässt das Gefühl der Beobachtung etwas nach und ich wage es, ins Wasser zu gehen. Es ist herrlich. Frisch, nicht zu kalt, nicht zu warm. Langsam kann ich mir vorstellen, es hier auszuhalten. Wasser ist mein Element und die Verbundenheit ist so stark, dass ich einiges überwinde, um mich darin zu bewegen.
Danach fühle ich mich sexy. In der Klinik, unter der Dusche, verhelfe ich mir zu einem Orgasmus.

In der Raucherecke treffe ich eine junge Frau, die gerade ein Federballspiel gekauft hat. In der Sporthalle probieren wir es aus. Ausgepowert und sonnenverbrannt beschließe ich, soviel Zeit wie möglich mit Schwimmen, sonnen und Federballspielen zu verbringen.
Der attraktive Mann von Tag 1 heißt D. und hält sich sehr im Hintergrund.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

42 DAYS

Sozialphobie ist die dritthäufigste psychische Störung nach Depression und Alkoholismus. Unser Protagonist leidet seit vielen Jahren an dieser Erkrankung. Nachdem ihn die Phobie beruflich und in viererlei Hinsicht auch privat ins Aus katapultiert hat, beschließt er, sich in Behandlung zu begeben. Und weil er es sich nicht leicht machen will und an radikale Methoden glaubt, begibt er sich für eine sechswöchige REHA-Maßnahme in eine Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen. An eines hat er jedoch nicht gedacht: dass die Kliniksituation an sich, die ständige Konfrontation mit Patienten und Pflegepersonal, zunächst einmal Futter für seine Ängste sein wird. Anstatt sich in der Klinik aufgehoben zu fühlen, schlägt er dort zunächst ziemlich hart auf.

Aktuelle Beiträge

Tief berührt, hat mich...
Tief berührt, hat mich die Geschichte. Ich habe mir...
lore.berlin - 18. Jul, 21:25
dankeschön!
dankeschön!
glamourdick - 30. Jun, 12:24
Jetzt habe ich die ganze...
in einem "Rutsch" gelesen. Was Sie als großes Kompliment...
BlogBar - 25. Jun, 12:14
Habe das alles so gern...
Habe das alles so gern gelesen. Danke dafür. Und: alles...
nah - 21. Dez, 20:00
ALLES GUTE
winomat - 21. Dez, 11:08

Links

Free Text (2)

Suche

 

Status

Online seit 7136 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 18. Jul, 21:25

Credits


barred + bolted
i am the concierge
impressed
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development