TAG 4, SONNTAG

Anstelle von Gruppenerlebnissen heute ein Tag, den ich ziemlich allein verbringe. Erst im Boot auf der Feisneck (einem kleinen See neben der Müritz), dann im Hafen (mal schauen ob der Lockenkopf wieder im Schatten vor seinem Boot hockt. Shit. Tut er nicht.) Zum Essen zurück, Lesen, schreiben, Gespräche vermeiden. Am Hafen ist es mir ein paar Minuten gelungen, mich wie ein Tourist zu fühlen und zu verdrängen, dass ich wieder in die Klinik muss. Wo mir meine Entscheidungsfreiheiten genommen sind. Was ich esse, trinke, wie lange ich schlafe, mit wem ich welche Therapie nehme – alles in fremden Händen. Das mir, Kontrollfreak... aber die Kontrolle die ich in eigener Verantwortung über mich und mein Leben ausgeübt habe, hat mich hierher gebracht (und immer wieder die selbe Frage: warum nicht schon viel früher?)

Sympathien und Antipathien haben sich jetzt ganz klar herauskristallisiert.

Jeder Tag, auch wenn er schön war, diese emotionalen Einbrüche. Zweifel am Durchhaltevermögen, Angst vor dem nächsten Tag, Die Frage, wer wirklich „therapiert“ (geheilt ?) ist, wenn er hier rauskommt.
wasserfrau - 24. Okt, 20:27

Sympathie

Also, ich bringe "unserem Protagonisten" mittlerweile riesige Sympathien entgegen und lese täglich weiter.
Das ist so würdevoll, wie du damit umgehst. (Am Ende habe ich auch ein etwas seltsames Interesse am Sytem "Psychiatrie",
maybe. Diese ganz eigene Art von Menschen- und "Gruppen" erfahren.)
Dabei kann ich mir übertrieben gut vorstellen, dass das System eigene Ängste auslöst.
Dass man ständig kontrolliert wird, das hört sich für mich sehr angstgebärend an.
Wird darüber gesprochen?
Deine Texte jedenfalls sind schön, reflektiert, und ... ich wiederhole mich... würdevoll. (Fast kam mir das Wort heldenhaft in den Sinn,
aber das wäre eine lächerliche Projektion meinerseits.
Du bist krank geworden, aber ein großer Mensch.

BatesMotel - 25. Okt, 09:12

warte und lese, wie der protagonist sein bisschen restwürde verliert - lach. nein. ernsthaft dankeschön. tatsächlich ist man mit dem klinikerlebnis erstmal so sehr überfordert, dass die auslöser für die erkrankung in den hintergrund treten. das ist aber bei allen so. die aktuellen konstellationen werden besprochen und analysiert. und anhand der konstellationen und konfrontation in der klinik brechen wiederum viele ursprüngliche aspekte der krankheit auf. vorwegnehmend darf ich verraten, dass die therapie, die sich an den klinikaufenthalt anschließt, langfristig wieder eine stabilisierung des patienten bringt.
unser protagonist hatte die naive annahme, dass eine 20 jahre lang vorhandene krankheit durch eine sechswöchige reha geheilt werden könnte. aber die klinik war nur der erste schritt.
er und die anderen reha-survivor fühlen sich bis zum heutigen tag vom erlebten sehr durchgeschüttelt. aber das wird schon noch
:-)

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42 DAYS

Sozialphobie ist die dritthäufigste psychische Störung nach Depression und Alkoholismus. Unser Protagonist leidet seit vielen Jahren an dieser Erkrankung. Nachdem ihn die Phobie beruflich und in viererlei Hinsicht auch privat ins Aus katapultiert hat, beschließt er, sich in Behandlung zu begeben. Und weil er es sich nicht leicht machen will und an radikale Methoden glaubt, begibt er sich für eine sechswöchige REHA-Maßnahme in eine Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen. An eines hat er jedoch nicht gedacht: dass die Kliniksituation an sich, die ständige Konfrontation mit Patienten und Pflegepersonal, zunächst einmal Futter für seine Ängste sein wird. Anstatt sich in der Klinik aufgehoben zu fühlen, schlägt er dort zunächst ziemlich hart auf.

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